a train of thought - lost

Der unsichtbare Apfel

Igor kam in die Pubertät und mit ihr fing er an, bestimmte Dinge nicht mehr zu mögen. Bisher mochte er sehr viel, doch nun überkam ihn eine plötzliche Abneigung gegenüber Dingen, die von zu vielen anderen Menschengemocht wurden. Ihr Mögen kam ihm wahllos vor und viele schienen bestimmte Dinge nur zu mögen, weil viele andere sie mochten. Dann lernte er andere Menschen kennen, die ebenfalls Dinge nicht mochten, weil sie von vielen anderen gemocht wurden, und fing an, es nicht zu mögen, wenn Leute etwas nicht mochten, nur weil es von vielen anderen gemocht wurde. Er war verwirrt und mochte eine zeitlang das Mögen nicht mehr.

Bald mochte er es aber nicht nicht mehr, das Mögen nicht zu mögen. Mögen war schön, nur seine Pubertät empfand es als albern und so fing er an, eine Mischform aus Neutralität und Gutwilligkeit zu entwickeln, die sich ein wenig wie Mögen anfühlte.

Auch als das nicht gelang, gab er auf, über das Mögen nachzudenken. Nachdenken schien ihm kindisch und seine Pubertät entwickelte eine Abneigung dagegen. Allerdings mochte er es nicht, dass er etwas nicht mochte, und mochte dann auch wieder das Nachdenken.

Er schwieg eine Weile und bekam Ausschlag.

Robert Gwisdek

5:55 p.m. - 2015-03-27