a train of thought - lost

Gespräch auf der Bettkante

Es war still bis vom Kissen her schwach zu hören war:
"Sieh mal. - Es gibt noch einen anderen Weg, der ist nur viel schwerer."
"Bist du den gegangen?"
"Ich habe es versucht. Ich weiss nicht, wer es kann. Man braucht dazu seine ganze Kraft. Aber wenn du wachsen willst, ist das der einzige Weg."
Die Stimme schwand, sie musste warten, bis sie wiederkehrte. Klare beugte sich vor und tupfte den Schweiss am klebrigen Haaransatz ab.
"Sich nicht abschirmen. Im Gegenteil. Alles umfassen. - Das Schwerste von allem. Gönnen. Den anderen sein lassen, wie er ist, mit allen Fehlern und Schwächen, mit der Distanz, wenn er das so will. Und trotzdem, Klara. Ihn trotzdem gernhaben."
"Du meinst, man soll sich selber aufgeben. Damit bin ich nicht einverstanden, das weisst du."
"Nein. - Nein. - Man soll sich nicht aufgeben. Im Gegenteil, man soll sich seiner so sicher sein, dass man in sich selbst geborgen ist. Dann hat man genug, um grosszügig zu sein, Klara."
"Auch wenn man verliert?"
"Auch wenn man verliert, glaube ich."
Klara schüttelte den Kopf. Die Augen in den Dämmerungsgrotten sahen es, und eine dünne Hand streckte sich aus und nahm Klaras auf der Decke liegende Hand.
"Einfach an sich glauben. Und grosszügig sein. Dann ist man frei, auch wenn man mit einem anderen zusammen ist."
"Wer kann das", murmelte Klara.

Solveig von Schoultz

10:00 p.m. - 2016-06-27